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Kinderleid in der Pandemie – so muss Oberösterreich gegensteuern

16. Februar 2021

Kinderleid in der Pandemie – so muss Oberösterreich gegensteuern

Klubvorsitzender Michael Lindner: „Psychische Schäden durch Lockdown bekämpfen, bevor Probleme ins Uferlose wachsen!“

Wie hoch ist die 7-Tage-Inzidenz? Welche Berufs- oder Altersgruppe hat welche Impfpriorität? Wie viele Masken werden in welcher Qualität wohin geliefert? Welche Entschädigungszahlung erhält welcher Betrieb in welchem Zeitraum? Alle diese Fragen sind wichtig und bestimmen zu Recht den Alltag der Corona-Pandemie-Bekämpfung. „Das heißt aber nicht, dass es die einzigen Fragen sind, die bedeutend sind. Es gibt eine Bevölkerungsgruppe, die keine finanzstarke Lobby hinter sich hat und die aufgrund ihres Lebensalters auch als Wählergruppe eine nachrangige Priorität hat. Unabhängig davon stellt die Jugend unsere Zukunft dar. Um diese Zukunft zu sichern, müssen wir gemeinsam den jungen Menschen helfen, bestmöglich durch die Pandemie zu kommen. Die Herausforderungen für junge Leute in der Corona-Krise sind auf vielen Ebenen zu finden: Psychische Probleme, Depressionen, Essstörungen, Zukunftsängste – bis hin zu Selbstverletzungen und Suizid-Versuchen. Um die gesunde Entwicklung junger Menschen nicht weiter zu gefährden, müssen die sozialen Auswirkungen von Lockdowns und Kontaktverboten ins Corona-Krisenmanagement aufgenommen werden. Gerade jetzt beim „Re-Start“ des Schullebens im Sommersemester befinden wir uns an einem neuralgischen Punkt. Geht es jetzt darum, auf Teufel-komm-raus den Schularbeiten-Stoff durchzubringen oder gelingt es uns, die Risse im sozialen Gefüge der Jungen zu kitten?“, fordert SPÖ-Klubvorsitzender Mag. Michael Lindner einen breiteren Fokus ein.

Ärzt*innen schlagen Alarm: Kinder- und Jugendpsychiatrie überlastet

Nicht nur Studien belegen die dramatischen Folgen von Lockdowns und Kontakteinschränkungen auf die psychische Gesundheit der Kinder. Auch die oberösterreichischen Fachärzte schlagen Alarm. Der Leiter des Sonderkrankenhauses für Kinder und Jugendpsychiatrie Primar Dr. Michael Merl spricht öffentlich von Überbelegung und der Notwendigkeit PatientInnen früher entlassen zu müssen, als es die Ärzte wollen. Seit dem 2. Lockdown im November 2020 nehmen die Fälle psychischer Erkrankungen auch in Oberösterreich stark zu, die PatientInnen werden immer jünger. Teilweise sind bereits 11-jährige Kinder Suizid gefährdet.

Auch Dr. Kamper, der Leiter der Psychosomatik am Klinikum Wels-Grieskirchen spricht öffentlich von Ängsten, welche die Jugendlichen im Griff haben. Junge adipöse Menschen fallen immer häufiger in alte Muster zurück und versuchen gegen Emotionen mit verstärkter Nahrungsaufnahme anzukommen. Auch steigende Aggression der Kinder, kombiniert mit Überbelastung betreuender Familienmitglieder, ist vermehrt der Fall.

Betroffen sind offenbar Kinder aus allen Bevölkerungsschichten. Hauptursache ist laut ÄrztInnen der fehlende Sozialkontakt, dadurch fehlt der Raum für altersbedingt üblichen Erfahrungsaustausch. Über soziale Medien funktioniert das einfach nicht ausreichend.

Eltern sind gefordert Alarmsignale zu erkennen: Gespräche suchen

Familien war es im Lockdown kaum langweilig. Die ständigen Veränderungen in den Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen sowie die erschwerten Besorgungen für den schulischen und familiären Alltag haben allseits zu Stress geführt. Gerade jetzt ist es aber entscheidend, wachsam zu sein und allfällige Veränderungen bei Kindern bewusst wahrzunehmen. Rückzug aus Gesprächen, der Wunsch das Zimmer nicht mehr zu verlassen sind Zeichen von psychischen Problemen. Wenn dann noch entsprechende Äußerungen oder gar Zeichnungen hinzukommen, dann ist es dringend notwendig aktiv gegenzusteuern. „Kinder brauchen Struktur und Geborgenheit. Die aktuelle Atmosphäre der ständigen Unsicherheit wirkt belastend. Deshalb gilt es regelmäßig Gespräch zu suchen, möglichst ohne Druck und auf ehrlicher Basis verloren gegangenes Vertrauen in die Zukunft wieder aufzubauen“, zeigt Lindner die Herausforderungen für Familien auf.   

Sensibler Zeitpunkt: Re-Start an den Schulen

Es wird wohl noch nie einen Zeitpunkt gegeben haben, an dem so viele Kinder aller Jahrgänge zurück an die Schulen wollten, wie jetzt. „Diese Freude wieder an die Schule zu gehen, gilt es jetzt durch ein positives Schulerlebnis zu bestätigen. Angesichts der unbestrittenen Notwendigkeit von Hygiene- und Abstandregeln wird es eine pädagogische Herausforderung, das soziale Miteinander in dieser Ausnahmesituation zu pflegen. Harter Erfolgsdruck wird wohl kontraproduktiv sein und weitere psychische Verwerfungen bewirken“, ist Lindner überzeugt. Er fordert daher an den Schulen Raum für Gemeinschaftsaktivitäten ein, für Erfahrungsaustausch und für das Gespräch an sich. Ohne die notwendige Pflege der psychosozialen Entwicklung in der aktuellen Ausnahmesituation wird auch die angestrebte Lehrplan-Vermittlung nicht gelingen. „Weil die aktuelle Situation auch für die PädagogInnen und Pädagogen neu ist, wird es begleitende Maßnahmen mit externer Unterstützung brauchen, um die Erfahrungen der Schulkinder aufzuarbeiten und ihre Resilienz für die weitere Zeit zu stärken. Ja, ich meine damit professionelle, begleitende Hilfen an allen Schulen im Rahmen der verfügbaren personellen Möglichkeiten“, zeigt Lindner neue Wege auf. 

Beispiel Wien

Wien geht gerade mit gutem Beispiel voran und setzt einen großen Schritt bei der psychiatrischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen.  Ab März bieten die psychosozialen Dienste und die MedUni Wien Betreuung direkt zu Hause an. „Eine Maßnahme, die auch für Oberösterreich interessant ist. Frühzeitige, niederschwellige Hilfen sind bei psychischen Erkrankungen sehr wirkungsvoll“, so Lindner.

Nationalratsabgeordnete Eva-Maria Holzleitner:
„Die Zukunft der jungen Menschen ist in Gefahr!“

Das vergangene Jahr war insbesondere für Kinder und Jugendliche eine immense Herausforderung und eine enorme psychische Belastung. Auch in Oberösterreich spitzt sich die Lage zu. Laut Medienberichten sind auch in Oberösterreich die Kinder- und Jugendpsychiatrien voll ausgelastet.

Schlafprobleme, Panikattacken, Depressionen, Autoaggression, Angst vor der Zukunft, aber auch Suizidgedanken – all das sind unter anderem Ursachen, die durch die Pandemie verstärkt wurden. Die kostenlose und anonyme Beratungshotline für Kinder und Jugendliche ‘Rat auf Draht’ verzeichnet einen hohen Anstieg der Beratungszahlen und das bereits seit dem ersten Lockdown.

Die psychische Gesundheit ist ein wesentlicher Punkt, der in den Fokus der Pandemie-Bewältigung rücken muss. Hier gibt es ganz klaren Handlungsbedarf! Es ist wichtig, dass die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen im Krisenmanagement von Bund und Land stärker berücksichtigt werden.

Es darf nicht sein, dass junge Menschen zu Sündenböcken in der Pandemie gemacht werden, indem über sie nur als VerbreiterInnen des Virus diskutiert wird. In der sensiblen Zeit des Heranwachsens brauchen Kinder und Jugendliche Sicherheit und Begleitung – keine pauschalen Schuldzuweisungen.  

Sorgen rund um das Thema Arbeitswelt, wie „Finde ich eine passende Lehrstelle?“ oder „Gibt es im Sommer einen Praktikumsplatz für mich?“ plagen gerade viele Jugendliche. Aber nicht nur das, auch die Fragen nach dem nächsten Training mit dem Fußballverein oder Übungen mit der Feuerwehrjugend, wann und wie man den Freundeskreis wieder treffen kann oder wann das Jugendzentrum aufsperrt, sind zentral.

Die Bundesregierung und in Oberösterreich Landeshauptmann Stelzer und Gesundheitslandesrätin Haberlander haben bis jetzt noch keine bzw. kaum Antworten auf diese brennenden Fragen geliefert. Deshalb appelliert Holzleitner an die Landes- und Bundesspitzen: „Bitte denkt an unsere Jungen! Sie sind unsere Zukunft und sie brauchen jetzt unsere Aufmerksamkeit. Die Krise dauert schon zu lange. Durchhalteparolen sind zu wenig!“

Es ist auch höchste Zeit die Kinder- und Jugendgesundheit stärker in den Fokus zu rücken. Es braucht flächendeckend für das ganze Bundesland ein niederschwelliges, gut erreichbares Angebot an Anlaufstellen, wo man sich hinwenden kann, wenn man Unterstützung braucht, Hilfe sucht oder einfach auch nur reden möchte. Deshalb müssen Jugendzentren und die Jugendarbeit unabhängig

von sonstigen Kontakteinschränkungen geöffnet bleiben bzw. fortgeführt werden. Damit das gelingt, müssen die Jugendzentren je nach Bedarf auch mit der notwendigen Schutzausrüstung vom Land Oberösterreich ausgestattet werden. „Ich halte es auch für sinnvoll, dass junge Leute freiwillig im Jugendzentrum einen Corona-Schnelltest machen können. Alles was dazu beiträgt, den Sozialkontakt der jungen Menschen untereinander zu fördern, ist ein Schritt hin zu Normalität. Diese Normalität müssen wir den Jugendlichen nach einem harten Jahr voller Lockdowns und auch Einsamkeit wieder zurückgeben“, fordert Nationalratsabgeordnete Eva-Maria Holzleitner.

Pressekonferenz für Pressekonferenz werden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verkündet – Kinder und Jugendliche kommen dabei aber so gut wie nie vor, wenn überhaupt nur als „Faktor bei der Verbreitung des Virus“. Deshalb appelliert Holzleitner an die Landes- und Bundesregierung jetzt einzugreifen und stärker an die Jungen zu denken: „Helfen wir jetzt gemeinsam den Jungen, um eine ‚Generation Corona‘ zu verhindern!“

Kinderfreunde-Landesvorsitzender Roland Schwandner: „Für Mitbestimmung und höhere Priorität der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen!“

Für Kinder und Jugendliche gibt es aktuell nicht viel zu lachen – auch nicht am heutigen Faschingsdienstag. „Es ist unerträglich, wie oft Kinder und Familien in den letzten Wochen zum Spielball der Politik wurden“, ärgert sich Roland Schwandner, Vorsitzender der Kinderfreunde Oberösterreich. Konkret spricht er damit fehlende Konzepte im Bildungsbereich sowie die zahlreichen Einschränkungen im privaten Lebensumfeld der Heranwachsenden an. Zurzeit müssen die Kinder und Jugendlichen auf so vieles verzichten, was ihnen Freude bereitet oder was sie gar für ein gesundes Heranwachsen benötigen. „Wenn es um ihre Wünsche und Bedürfnisse geht, heißt es für Kinder in dieser Pandemie fast ausschließlich ‚bitte warten‘“, zeigt sich Schwandner verärgert.

„Wir sind es den Kindern und Jugendlichen schuldig, endlich ihre Bedürfnisse zu priorisieren. Sie sollten generell in das Krisenmanagement einbezogen werden, denn sie wissen am ehesten über ihre Lebenswelt Bescheid. Wir Kinderfreunde leben aktive Mitbestimmung der Kinder und Jugendlichen und genau das fehlt uns in der aktuellen Gesundheitskrise enorm. Es wird kontinuierlich über die Heranwachsenden entschieden, ohne sie zu fragen, ohne auf sie zu hören!“ so Schwandner.

Kinderfreunde fordern Corona-Entschädigung für Kinder

Es braucht jetzt eine öffentliche Debatte über eine ‚Entschädigung‘ der Kinder. Es war diskussionslos klar, dass die Bundesregierung die entstandenen Schäden bei Firmen, Vereinen und Unternehmer/innen ersetzt. Das ist auch bei den Kindern notwendig. „Es braucht ein Rettungspaket, um die entstandenen Schäden bei Kindern – sei es bei der psychischen Gesundheit oder im Bildungsbereich – so gut es geht wieder gut zu machen. Denkbar wären hier Gutscheine für Urlaubs-, Sport- oder Kulturangebote sowie die Sicherstellung einer breiten Angebotspalette im freizeitpädagogischen Bereich“, so Schwandner.

Erholung im Sommer

Mittlerweile leben wir ein Jahr mit der Pandemie. Was es diesen Sommer noch stärker braucht, ist Erholung für Kinder und ihre Familien, um den konstanten Druck abzufedern. Doch viele Eltern stehen vor dem Problem, dass sie ihren Urlaub bereits im Zuge des Homeschoolings aufgebraucht haben oder aufgrund fehlender Aufträge im Job Stunden abbauen mussten. Auch diese Familien brauchen jetzt Planungssicherheit für einen sorgenfreien Sommer.

Die Kinderfreunde bieten im Sommer zahlreiche Feriencamps an und haben bereits im Sommer 2020 unter Beweis gestellt, dass ein sicherer und reibungsloser Ablauf auch in Corona-Zeiten möglich sein kann. „Wir waren einer von wenigen Feriencamp-Anbietern, die mit einwandfreien Präventionskonzepten einen Feriencamp-Sommer für mehr als 1.000 Kindern ermöglicht haben. Das braucht es auch heuer im Sommer auf jeden Fall: Gemeinschaft, Abenteuer und lustige Momente mit Gleichaltrigen. Wir bieten umfangreiche Kinder-Erholungs-Programme sowie Urlaub für Alleinerziehende an. Diese Angebote an geförderten Camps müssen weiter ausgebaut werden.“, schließt Schwandner.

Weitere Angebote:

Zielgerichtetere Familienpolitik

Familien wurden lange Zeit mit ihren Alltagssorgen und organisatorischen Hürden allein gelassen. Es braucht jetzt klare Regelungen für ein funktionierendes ‚System Familie‘. Dabei spielt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine große Rolle. „Wir fordern bedarfsorientierte

Öffnungszeiten der Kinderbildungseinrichtungen im Sommer, sowie ein breites Angebot an Summer Schools. Die Kinderfreunde haben bereits im Sommer 2020 diese Summer Schools angeboten. Dabei steht nicht nur das gemeinsame Lernen auf dem Programm, sondern viel mehr der Spaß in der Gemeinschaft und fröhliche Momente – diese Angebote müssen weiter ausgebaut werden. Seit unserer Gründung ist es uns wichtig, Angebote für alle zu schaffen. Unabhängig von sozialer Herkunft, Religion ethnischer Zugehörigkeit darf kein Kind zurückgelassen werden. Deshalb soll ein niederschwelliges, preisgünstiges, aber dennoch qualitativ hochwertiges „Lern & Spaß“- Programm während der Schulferien Abhilfe schaffen“ sagt Schwandner.

Immer mehr Familien sind von einer prekären Einkommenssituation betroffen – Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit tragen maßgeblich dazu bei. Das wirkt sich auf das gesamte Familienleben aus und betrifft folglich auch wieder Kinder. Es braucht hier ein rasch greifendes Auffangnetz, damit nicht noch mehr Kinder armutsgefährdet aufwachsen müssen.

Kinderfreunde-Forderungen auf einen Blick:

Gemeinsame Forderung nach Hilfspaket für Kinder und Jugendliche

Ein Jahr Corona-Ausnahmezustand hat bei unseren Heranwachsenden Spuren hinterlassen. Selbst wenn Kinder und Jugendliche jetzt wieder verstärkt in die Schulen und Betreuungseinrichtungen dürfen, so bedeutet das nicht, dass alles wieder normal ist. „Es herrscht auch an den Schulen und in
den Kinderbetreuungseinrichtungen weiterhin Corona-Ausnahmezustand. Eine freundschaftliche Umarmung hat noch immer fast Verbrechenscharakter. Kinder und PädagogInnen dürfen mit dieser Situation nicht allein gelassen werden. Wir brauchen eine breite Aktivität an allen Klassen in allen Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, um den jungen Menschen zu helfen mit dieser Situation umzugehen. Geeignete Workshop- und Hilfsprogramme sind hoffentlich von den Bildungsabteilungen in Bund und Land bereits vorbereitet. Es ist hoch an der Zeit, dass wir jetzt rasch mit den Maßnahmen starten“, fordert Klubvorsitzender Mag. Michael Lindner.

Das Corona-Hilfspaket für Kinder und Jugendliche muss umfassen:

  1. Gesamtperspektive: Familien bei Pandemiebekämpfung einbeziehen: Jugend- und FamilienvertreterInnen in die Krisenstäbe einbeziehen
  2. medizinische Perspektive: Kontingente für Kinderpsychiatrie bestmöglich rasch aufstocken; niederschwelliger Zugang zu Hilfsangeboten bei Essstörungen, mehr psychosoziale Betreuung
  3. soziale Perspektive: Einsamkeit und Ängste bekämpfen – aktive Begleitung an Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen durch psychosoziale Teams zur Verarbeitung der aufgestauten Ängste und Emotionen, überlastete Plattform Rat auf Draht stärken,
  4. Zukunftsperspektive: Schulen pandemiefit machen, um weitere Schul-Lockdowns zu verhindern.  Konkrete Unterstützung beim Finden von ausbildungsrelevanten Praktika. Vermeidung von unnötiger Härte bei Schulnoten.

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