Bildungslockdown in Oberösterreich verhindern
Am Tag 1 des Stelzer-Lockdowns stellen sich viele Familien und Jugendliche in Oberösterreich eine große Frage: Wie lange haben die Schulen noch offen? Wann werden womöglich sogar die Kindergärten zugesperrt? Die sozialdemokratischen LehrerInnen (SLÖ) haben sich mit konkreten Forderungen in einem Offenen Brief an Bildungsreferentin LH-Stv.in Haberlander gewandt, um einen Bildungslockdown zu verhindern. Ebenso macht SPÖ-Bildungssprecher Klubvorsitzender Lindner Druck alles Nötige dafür zu tun, um die Schulen offen halten zu können.
Contact-Tracing an Schulen findet nicht mehr statt
In Salzburg gibt es seit den Herbstferien kein Contact-Tracing an Schulen mehr. Das wurde auch offiziell vom Land vermeldet. In Oberösterreich hingegen gibt es weder eine offizielle Information noch eine klare Linie: Die Gesundheitsbehörden entscheiden offenbar je nach Bezirk unterschiedlich, zum Teil müssen die Schulen selbst die Eltern informieren. Genaue Aussagen dazu lässt sogar die Gesundheits- und Bildungsreferentin Haberlander selbst vermissen. „Diese Nicht-Information sorgt für Unsicherheit. Wenn es kein Contact-Tracing mehr gibt, dann muss das Haberlander auch sagen. Das haben sich die Betroffenen verdient. Ansonsten fühlen sich alle im Stich gelassen und viele wagen es gar nicht nachzufragen. Das zerstört Vertrauen und schadet im Kampf gegen die Pandemie“, so Klubvorsitzender Lindner und SLÖ-Vorsitzender Turek.
Österreichs Top-Wissenschaftler (Bergthaler, Elling, Foitik, Klimek, Krammer, von Laer, Ostermann, Popper, Spiel, Wagner, Wenisch, etc.) haben im „Unabhängigen Statement der Wissenschaft“ zur Bewältigung der Pandemie vom 12.11.2021 auch die Schulen im Blick. Die Wissenschaft tritt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen dafür ein, dass alle SchülerInnen mit neu aufgetretenen schwachem Virusnachweis (Ct>35) umgehend isoliert werden, ebenso ihre Haushalts- und Familienmitglieder. Außerdem soll an den Schulen generell zu PCR-Tests (3-mal die Woche) übergegangen werden. „Der Vorteil der sensitiven PCR-Testung ist, dass neu infizierte Personen isoliert werden können, bevor sie andere infizieren können“, stimmen Lindner, Bicek und Turek den Wissenschaftlern vollinhaltlich zu.
Konkrete Forderungen:
>> Contact-Tracing rasch und korrekt durchführen.
>> Eltern durch Behörde über positive Fälle informieren.
>> Schulen nicht durch Krisenstabsarbeit überfordern.
>> Generell PCR- statt Antigen-Tests an Bildungseinrichtungen
>> Testangebote für Kinderbildungseinrichtungen ausbauen
Zentrale Impfangebote für PädagogInnen fehlen
Gerade in der vierten Welle kommt es zu immer mehr Erkrankungen von Menschen, die mit dem Astra-Impfstoff immunisiert wurden. Auch das Nationale Impfgremium hat bereits auf die Notwendigkeit einer raschen Booster-Impfung hingewiesen. „Damit die Lehrerschaft als Rückgrat der Bildung in unserem Land wirksam gegen das Coronavirus geschützt ist, braucht es rasche, zentral organisierte Impfangebote mit dem passenden Impfstoff für die vorwiegend mit Astra immunisierten PädagogInnen. Das darf die Bildungslandesrätin nicht an die einzelnen MitarbeiterInnen delegieren, sondern muss konkrete Angebote vor Orts schaffen“, sind sich Lindner und Bicek einig. Mittlerweile schafft es das Ministerium nicht einmal mehr, Schulen mit FFP2 Masken auszustatten! Das am Wochenende angekündigte Einspringen von Landesseite ist hier positiv zu werten. Es braucht jedoch eine verlässliche Lösung über den gesamten Zeitraum der verordneten Maßnahme.
Konkrete Forderungen:
>> Impfangebote an den Schulen für die Lehrerschaft.
>> FFP2 Masken für Lehrkräfte und Schüler*innen
>> Individuelle Information der Lehrerinnen und Lehrer.
Vorbild Wien bei Impfung für 5-12-Jährige
Die vorbildliche Testdichte an den Schulen führt zu hohen organisatorischen Herausforderungen, weil sie vom Lehrkörper abgewickelt werden muss. Dabei geht zwangsläufig auch Bildungszeit verloren. Die Sinnhaftigkeit steht jedoch außer Frage, weil die Testungen eine der wertvollsten Maßnahmen sind, um pandemiesicheren Unterricht zu gewährleisten.Die dabei festgestellten positiven Fälle betreffen vor allem Personengruppen, die sich aktuell noch gar nicht impfen lassen können. „Wien bietet die Impfung für 5-12-Jährige bereits an. Da muss Oberösterreich nachziehen – gerade in der aktuell hochsensiblen Corona-Lage“, fordern Lindner und Bicek.
Konkrete Forderung:
>> Freiwillige Impfangebote für 5-12-Jährige schaffen.
Virenschutz-Luftfilter fehlen immer noch
10.000 Luftfilter wurden von der Bundesregierung in Aussicht gestellt, aber angeblich nur 4.000 tatsächlich angefordert. Deshalb sind die Schulen aktuell keineswegs mit den nötigen Virenschutz-Luftfiltern ausgestattet. „Die aktuelle Kälte und die Coronasituation führen zu massiven Problemen beim Lüften. Schon letztes Jahr sind die Schulkinder im Winter mit den Jacken im Unterricht gesessen. Das wäre vermeidbar gewesen, wenn die Verantwortlichen das Frühjahr und den Sommer entsprechend genutzt hätten“, stellen Lindner und Bicek fest.
Konkrete Forderung:
>> Klassen mit Virenschutz-Luftfilter für pandemiesicheren Unterricht nachrüsten.
Ausfälle wegen Corona nehmen zu: Bildung leidet
Über 20.000 aktive Coronainfizierte verzeichnet allein Oberösterreich. Weitere mehr als 30.000 Menschen sind in Quarantäne. Unter den Ausfällen sind zwangsläufig auch viele Lehrerinnen und Lehrer. Das führt zu großen Herausforderungen im Bildungsalltag, der ohnehin durch die Corona-Bürokratie bereits zusätzlich angespannt ist. So hat sich das BIldugsministerium jetzt dazu entschlossen, die Bestellung der Testpakete für PCR- und Antigentests an die Direktionen auszulagern. Von den Teststaberln bis zu den Abholsäcken muss jetzt die Schulleitung alles bestellen. Das „Wir brauchen dringend Hilfskräfte an den Schulen, um die Lehrerinnen und Lehrer zu entlasten. Wenn diese Zusatzkräfte die Corona-Bürokratie und Testungen übernehmen, dann können sich die LehrerInnen auf ihre Hauptarbeit konzentrieren. So würden notwendig Ressourcen frei, um erkrankte KollegInnen vertreten zu können“, bringt es LehrerInnenvertreter Bicek auf den Punkt.
Konkrete Forderung:
>> Unterstützungspersonal für Schulen bereitstellen, um die Corona-Herausforderungen zu bewältigen.
Ausfälle durch den LehrerInnenmangel:
Ein zusätzliches langsam bedrohliches Problem ist der immer extremere LehrerInnenmangel. Nachbesetzungen für LehrerInnen, die ausfallen, dauern mittlerweile oft mehrere Monate! Es werden von den Schulleitungen teilweise in sozialen Medien und über Mundpropaganda interessierte KollegInnen gesucht, da die Bildungsdirektion sich dazu entschlossen hat, offene Stellen nur alle 14 Tage auszuschreiben. Angeblich wird dieser Zeitraum sogar auf vier Wochen ausgedehnt, was zu monatelang unbesetzten Stellen führen wird. Angesichts der erwartbaren Ausfälle im Lehrpersonal durch Covid-19 Erkrankungen und saisonalen Erkrankungen wird dies Schulen an den Rand der Funktionsfähigkeit bringen. Erinnert sei daran, dass LAbg. Promberger schon im Frühjahr 2018 auf den um sich greifenden LehrerInnenmangel hingewiesen hat und ÖVP-FPÖ diese Warnung ignoriert haben. Weder wurden Nachteile bei den Studienbedingungen für angehende PädagogInnen beseitigt, noch gab es wirksame Öffentlichkeitsarbeits-Kampagnen, um mehr Nachwuchskräfte für die Arbeit an den Schulen zu motivieren.
Konkrete Forderungen:
>> Werbekampagne unter SchulabgängerInnen starten
>> Bildungsdirektion OÖ hat dafür zu sorgen, dass vakante LehrerInnenposten umgehend nachbesetzt werden
SPÖ richtet Dringliche Anfrage an Haberlander
An die für Bildung und Gesundheit zuständige Landeshauptmann-Stellvertreterin Mag.a Christine Haberlander richtet der SPÖ-Landtagsklub in der Landtagssitzung am 18. November 2021 eine Dringliche Anfrage. „Wir fordern Transparenz über die IST-Situation in den Bildungseinrichtungen ein und treten für Klarheit über die Perspektiven ein. Ab welcher Inzidenz droht der Bildungslockdown? Was tut das Land, was kann die Bevölkerung tun, um diese Entwicklung zu stoppen? Wie schlimm ist die Personalsituation mittlerweile an den Schulen wirklich? Die Pandemie betrifft uns alle und damit alle sich bestmöglich einbringen können, ist es höchste Zeit für Transparenz. Das ständige Mauern, sich hinter Beamten zu verstecken, auf den Bund abschieben und der Ego-Kurs von Stelzer helfen uns nicht aus der Krise“, argumentiert SPÖ-Klubvorsitzender Lindner. Auch im „Unabhängigen Statement der Wissenschaft“ heißt es, dass die Kommunikation in der Öffentlichkeit konsequent, faktenbasiert, ehrlich und transparent sein muss. Das Ziel der Pandemiekontrolle zum Wohle und im Interesse der gesamten Gesellschaft muss vor (politischen) Partikularinteressen stehen. Das Vertrauen in die staatlichen und wissenschaftlichen Institutionen muss wiederhergestellt werden.
„Anstatt sehenden Auges in einen Bildungs-Lockdown zu laufen, sollten wir gemeinsam alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Bildungschancen unserer Kinder zu erhalten. Dazu zählt es jetzt rasch zu handeln und Maßnahmen zu treffen, die wirksam helfen. Für rasche Impfungen. Für pandemiesicheren Unterricht. Für Klarheit und Vertrauen. Für die Entlastung der LehrerInnen von der Corona-Bürokratie. Verantwortliche in Land und Bund dürfen sich hier nicht gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben, sondern müssen im gemeinsamen Interesse zusammenarbeiten – für unsere Kinder“, schließt SPÖ-Klubvorsitzender Lindner.
Foto (v.l.n.r): Franz Turek, Franz Bicek, Michael Lindner