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„Schwarz-blaue“ Sozialhilfe produziert Kinderarmut

29. Januar 2020

„Schwarz-blaue“ Sozialhilfe produziert Kinderarmut

Der Verfassungsgerichtshof hat am 12. Dezember 2019 zwei Bestimmungen im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz als verfassungswidrig aufgehoben. Da von ÖVP und FPÖ in Oberösterreich – trotz massiver verfassungsrechtlicher Bedenken – bereits ein Sozialhilfe-Ausführungsgesetz beschlossen wurde, muss dieses nun repariert werden. Sowohl die SPÖ, als auch ÖVP und FPÖ haben dazu Vorschläge vorgelegt und wollen diese am Donnerstag im Landtag beschließen. Der Reparaturvorschlag der SPÖ ist insbesondere von den Zielsetzungen der Vermeidung von Kinderarmut und von einer raschen Arbeitsmarktintegration von Sozialhilfe-BezieherInnen getragen.

Ich erachte es als positiv, dass ÖVP und FPÖ in ihrem Initiativantrag einige Vorschläge der SPÖ zur Verbesserung der Arbeitsmarktintegration und der beruflichen Qualifizierung von SozialhilfebezieherInnen aus unserem Antrag übernommen haben. Die von schwarz-blau angedachte Höhe der Kinderrichtsätze ist aus Sicht der Sozialdemokratie jedoch deutlich zu niedrig und produziert Kinderarmut. Deswegen war es nicht möglich, in dieser Frage einen Konsens zu finden“, so Gerstorfer.

Kritisch beurteilt die Sozial-Landesrätin, dass ÖVP und FPÖ bei den Ausnahmen der Bemühungspflicht um Arbeit restriktiver vorgehen wollen, als dies von ihren Bundesparteien im ursprünglichen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vorgesehen war. So sind Personen, die überwiegend pflegebedürftige Angehörige betreuen, welche ein Pflegegeld mindestens der Stufe 3 beziehen, von der Bemühungspflicht ausgenommen. Im schwarz-blauen Reparaturmodell fehlt jedoch die Ausnahme für Personen, die nachweislich Demenzerkrankte oder minderjährige pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegeld der Stufe 1 betreuen.

33.000 Kinder in Oberösterreich sind armutsgefährdet

Mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind armutsgefährdet. In Oberösterreich ist jedes zehnte Kind von Armut bedroht. „Das Risiko der sozialen Ausgrenzung ist für diese Gruppe besonders hoch. Neben der verminderten Teilhabe an der Gesellschaft bedeutet das ein Leben in desolaten Wohnungen oder geringe Bildungschancen“, ärgert sich Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer.

Armutsspirale mit Langzeit-Effekt

Daten der Statistik Austria (EU-SILC) zu den Lebensbedingungen von MindestsicherungsbezieherInnen (jetzt Sozialhilfe) zeigen, dass Familien mit Kindern in wesentlichen Lebensbereichen schlechtere Lebensbedingungen aufweisen als kinderlose BezieherInnen der Mindestsicherung. Mehr als jede vierte auf Mindestsicherung angewiesene Familie kann keine neue Kleidung kaufen, muss sich bei der Ernährung einschränken, lebt in feuchten, schimmligen oder undichten Wohnungen und ist mit Zahlungen im Rückstand. Die Mehrheit dieser Kinder lebt in überbelegten Wohnungen und macht nie Urlaub, auch nicht bei Verwandten. Unter den auf Mindestsicherung angewiesenen Familien leben kinderreiche unter besonders schlechten Bedingungen. Sport und Freizeitgeräte sind, ebenso wie kostenpflichtige Freizeitangebote, seltener leistbar als in Familien mit ein oder zwei Kindern. In kinderreichen Familien kann jedes vierte Kind nicht an Schulaktivitäten oder Schulfahrten teilnehmen und damit wesentlich häufiger, als bei kleineren Familien. Dies gilt auch für sogenannte „working-poor“, also Familien, die trotz Arbeit Sozialhilfe beziehen.

Kinder, die keinen Ort haben, um in Ruhe zu lernen (überbelegte Wohnungen), die keine FreundInnen einladen können, sich keine Freizeitaktivitäten leisten können und nicht an Schulaktivitäten teilnehmen, haben schlechtere Voraussetzungen beim Schulerfolg. Diese Kinder können ihre Potentiale nicht voll entfalten. Das wiederum verringert ihre Bildungs-, Erwerbs- und Einkommenschancen.

Die Langzeitforschung des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) weist nach, dass rund 50 Prozent der armutsbetroffenen Kinder auch im Erwachsenenalter arm bleiben, da kontinuierliche Beeinträchtigungen auch den Kompetenzerwerb im Bereich der Bildung und Ausbildung einschränken und damit vielfach Erwerbslosigkeit im Erwachsenenalter begründen. Dies hat nicht nur Einfluss auf die Lebensbedingungen gegenwärtig sozioökonomisch benachteiligter Minderjähriger, sondern wird über Generationen weitergegeben und schwächt damit letztlich die sozioökonomische Stabilität eines Landes. „Es ist daher klug in unsere Kinder zu investieren, damit sie im Erwachsenenleben nicht BeitragnehmerInnen sondern BeitragszahlerInnen werden. Eine gerechte Mindestsicherung stellt also eine volkswirtschaftliche Investition dar, die Sozialausgaben nachhaltig minimiert“, sagt Birgit Gerstorfer.

Einheitliche Sozialhilfe nicht in Sicht

Die Mindestsicherung war ein wesentliches Werkzeug zur  Armutsvermeidung. Leider ist die Zielsetzung der Armutsvermeidung im schwarz-blauen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz gar nicht mehr enthalten.

Ebenso wenig wurde das Ziel einer Vereinheitlichung der Mindestsicherung erreicht. Gerade was die Kinderrichtsätze angeht ist ein Fleckerlteppich zu erwarten. „Bundeskanzler Kurz hat nach der Aufhebung der Kernpunkte im Grundsatzgesetz das Handtuch geworfen und die Sozialhilfe wieder zur Ländersache gemacht, anstatt sich auch nur ansatzweise um eine Vereinheitlichung zu bemühen. Kurz zeigt damit, dass er an ernsthafter Sozialpolitik absolut nicht interessiert ist“, so Gerstorfer.

Bundesgesetz lässt weiterhin Fragen offen

Die aufgrund des VfGH-Urteils notwendige Reparatur der Sozialhilfe ist sicher nicht der letzte Akt in der Diskussion um das unterste und elementarste soziale Netz unserer Gesellschaft. Das Grundsatzgesetz ist handwerklich unausgegoren und lässt im Detail viele Fragen offen. Deswegen haben sich der Sozialminister und die SoziallandesrätInnen der Bundesländer darauf verständigt, weitere Gespräche zur Sozialhilfe zu führen. Damit ist es naheliegend, dass es zu weiteren notwendigen Reparaturen und Novellen der Sozialhilfe kommen wird. Für Oberösterreich würde das die dritte Änderung innerhalb kürzester Zeit bedeuten, nur weil ÖVP und FPÖ trotz massiver verfassungsrechtlicher Bedenken nicht zuwarten konnten.

Ich erwarte mir von Sozialminister Anschober Regelungen mit Hausverstand. Im Jänner 2019 hat Anschober den Entwurf des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes als „inakzeptablen und völlig unverantwortlichen Rückschritt in der Integrations- und Sozialpolitik bezeichnet, der MigrantInnen und subsidiär Schutzberechtigte vom gesellschaftlichen Leben ausschließe und in Armut treibe“, betont die Soziallandesrätin.

Deshalb fordert SPOÖ-Chefin und Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer von Seiten des Bundes nachdrücklich Verbesserungen sowie Klarstellungen im Grundsatzgesetz:


SPÖ Initiativantrag zur Reparatur des Sozialhilfegesetzes

Der Antrag der SPÖ sieht vor, dass Oberösterreich jene Richtsätze für Kinder wieder einführt, die auch bisher im Rahmen der Mindestsicherung ausbezahlt wurden. Damit würden für die ersten drei Kinder 23% der Nettoausgleichszulage je Kind (211 Euro) und ab dem vierten Kind 20% je Kind (184 Euro) gebühren. Das ist eine deutliche Verbesserung zum unsozialen Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und grenzt Kinderarmut wirksam ein.

Ebenso sieht der SPÖ Antrag vor, die Regelungen der ehemaligen Mindestsicherung zur Bemühungspflicht und zu den Ausnahmen vom Einsatz der Arbeitskraft wieder in Kraft zu setzen, da sich diese in der Praxis als zielführend und praktikabel erwiesen haben.

Klubvorsitzender Makor gegen schwarzblauen Angriff auf Kinder

„Die Sozialhilfe ist kein Spielball für politische Grauslichkeiten. Die BezieherInnen der Sozialhilfe in Oberösterreich sind mehrheitlich Frauen, mehrheitlich österreichische StaatsbürgerInnen und mehr als ein Drittel der BezieherInnen sind Kinder. Genau letztere bestrafen ÖVP und FPÖ mit ihrem unsozialen Gesetz. Diese Kinder können nichts dafür, dass sie in eine Familie geboren wurden, die Sozialhilfe bezieht. Dennoch werden sie von Stelzer und Haimbuchner bestraft. Das ist schäbig“,kritisiert SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor die VP/FP-Novelle.

Ziel der Sozialhilfe dürfe nicht das Bestrafen von Arbeitslosen sein, sondern das Befähigen von Menschen ohne Arbeit oder in schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen, weist Makor auf die hohe Zahl der AufstockerInnen hin. „Gerade die Zukunft der Kinder in Familien, die Sozialhilfe beziehen, liegt mir besonders am Herzen. Ich will keines dieser Kinder zurücklassen. Jedes einzelne hat das Recht auf eine Zukunft als vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft“, ist Makor überzeugt. Im Übrigen ist es auch für Oberösterreich wichtig, dass möglichst alle Kinder gesund und glücklich aufwachsen. In wenigen Jahren werden sie für wichtige Aufgaben in den verschiedensten beruflichen Funktionen gebraucht – überall herrscht Fachkräftemangel.

„Straf-Bonus“ im ÖVP/FPÖ-Gesetz ist unsinniges „golden plating“

Bereits in der bisherigen gesetzlichen Regelung bestand und besteht für BMS-BezieherInnen die aktive Bemühungspflicht um Arbeit. Damit verbunden auch die nötigen Sprachkenntnisse. Jetzt so zu tun, als sei diese „Bemühungspflicht“ etwas Neues, ist eine bewusste Irreführung. „In Sonntagsreden sind Stelzer und Haimbuchner gegen sinnlose Doppelregelungen in Gesetzen. Wenn es um das Kürzen von Sozialleistungen geht, dann haben sie es aber offenbar doch gerne doppelt“, zeigt Makor auf.

Falsche Zahlen zum Schlechtmachen von Sozialhilfe-BezieherInnen

ÖVP und FPÖ legen auch hinsichtlich der Höhe der Mindestsicherung/Sozialhilfe fehlerhafte Berechnungen vor. Nicht nur die Tatsache, dass Sozialhilfe 12 Mal im Jahr ausbezahlt wird und Arbeitseinkommen 14 Mal, haben sie bewusst vergessen. Nein, auch das Weglassen des „Familienbonus“ verzerrt die Differenz zwischen Sozialhilfebezug und Arbeitseinkommen zusätzlich. „Wenn es um das Thema Armutsbekämpfung und das letzte soziale Auffangnetz geht, würde ich mir mehr Seriosität und weniger Populismus erwarten. Das sei vor allem Schwarz-Blau ins Stammbuch geschrieben, deren Mindestsicherungsreformen regelmäßig von Höchstgerichten aufgehoben werden“, so Makor abschließend.

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