Familiengerechte Arbeitsplätze bei der Oö. Polizei
Der Oö. Landtag möge beschließen:
Die Oö. Landesregierung wird aufgefordert, bei der Bundesregierung dafür einzutreten, dass die Arbeitsrealität der oberösterreichischen Polizist:innen familiengerechter gestaltet wird und insbesondere Maßnahmen im Hinblick auf die enorme Überstundenbelastung gesetzt werden.
Begründung
Der Beruf „Polizist:in“ in Oberösterreich entwickelt sich aufgrund vieler Faktoren zu einem immer “familienunfreundlicheren” Beruf. Ein wichtiger Faktor dabei ist die hohe Mehrbelastung der Beamt:innen. Oberösterreichs Polizistinnen und Polizisten leisteten allein im ersten Halbjahr 2023 mehr als 330.000 Überstunden und mehr als 430.000 Journaldienststunden. Im Jahr 2022 waren es mehr als 680.000 Überstunden und mehr als 830.000 Journaldienststunden. Familie, Betreuungspflichten, Psychohygiene und Hobbies lassen sich damit kaum vereinbaren.
Darüber hinaus ist es aufgrund der aktuellen Strukturen nur für wenige Polizist:innen möglich, Teilzeit zu arbeiten. Mit Stand 01.01.2023 waren in Oberösterreich nur 232 Polizist:innen teilzeitbeschäftigt. Erfahrene Polizist:innen, die aus unterschiedlichen Gründen eine Reduzierung ihrer Wochenarbeitszeit wünschen, bekommen dies von der Dienstbehörde häufig nicht genehmigt. Dadurch verliert die Polizei gut eingearbeitetes und erfahrenes Personal und schreckt auch potentielle Bewerber:innen ab. Hier ist ein Paradigmenwechsel notwendig, um erfahrene Polizist:innen im Job zu halten und Anwärter:innen zur Bewerbung zu motivieren. Insbesondere muss Teilzeitarbeit für Frauen und Männer gleichermaßen zugänglich sein, ebenso wie für Personen, die aus anderen Gründen als Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten möchten. Dies kann jedoch nur durch die Bereitstellung zusätzlicher Stellen erreicht werden.
Auch die Ausgestaltung der Dienstposten muss bei der Anpassung an die Arbeitsrealität berücksichtigt werden. Der Missstand, dass Beamte und Beamtinnen, die Spezialfunktionen wie zum Beispiel bei der Polizeimusik oder der Cobra ausüben und deshalb von ihrer Stammdienststelle abgezogen werden, nicht angemessen vertreten werden, muss behoben werden. Derzeit erhalten die Stammdienststellen der abgezogenen Beamten und Beamtinnen, die in Spezialfunktionen tätig sind, keine Vertretung und müssen trotz des Abzugs so agieren, als wären sie voll besetzt.
Darüber hinaus müssen aktuelle Herausforderungen wie die Digitalisierung und die Arbeitseinstellung der Generation Z bei der Neugestaltung der beruflichen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Dass der Berufsalltag psychisch belastend ist, muss ebenfalls in den Paradigmenwechsel einbezogen werden. Eine strukturelle und nachhaltige Veränderung der Rahmenbedingungen wird in Oberösterreich jedoch besonders schwierig sein. Denn auf 417 Landesbürger:innen kommt nur ein Polizist bzw. eine Polizistin. Damit liegt Oberösterreich im Bundesvergleich an letzter Stelle und obwohl Tirol weniger als halb so viele Einwohner:innen hat wie Oberösterreich, verfügt Tirol über eine größere Anzahl an Polizeibeamt:innen.
Um den Arbeitsalltag so zu gestalten, dass man erfahrene Polizist:innen im Job halten kann und neues Personal anwerben kann, braucht es kontinuierliche Weiterbildungsangebote, die Polizist:innen Tools in die Hand geben um Herausforderungen, wie Online-Kriminalität oder Radikalisierung durch Influencer:innen auf sozialen Medien schnell und adäquat begegnen zu können. Die Polizei kann nur dann ein attraktiver Arbeitgeber sein, wenn den psychischen Belastungen, dem anspruchsvollen Arbeitsalltag und den sich ständig verändernden Herausforderungen in der Kriminalitätsbekämpfung durch umfassende Unterstützung, angemessenen Arbeitsbedingungen und kontinuierlichen Weiterbildungen, begegnet wird.
Um mehr Kandidat:innen für die Ausbildung zur Polizistin bzw. zum Polizisten motivieren zu können, ist es wichtig, möglichst viele Personen anzusprechen. Es braucht daher auch Rekrutierungsstrategien, die gezielt qualifizierte Österreicher:innen mit Migrationshintergrund ansprechen. Dabei handelt es sich um eine Personengruppe, die sowohl über die österreichische Staatsbürgerschaft als auch über Fremdsprachenkenntnisse verfügt und derzeit noch wenig in der oö. Beamtenschaft vertreten ist. Kulturelle Sensibilität und Kompetenz sowie Fremdsprachenkenntnisse spielen aber im Polizeialltag eine immer größere Rolle und müssen im Rekrutierungsprozess entsprechend berücksichtigt werden.
Damit die Polizist:innen auch in Zukunft für die Sicherheit der Oberösterreicher:innen sorgen und den neuen, sich ständig ändernden Herausforderungen gerecht werden können, braucht es ein klares Signal des Oö. Landtags an die Bundesregierung, dass strukturelle Veränderungen notwendig sind.