Personalsituation der Polizei in Oberösterreich
Viele Versprechen für zusätzliche Polizeikräfte
Jän 2016: Ministerin Mikl-Leitner sagt 1.500 neue Polizist/inn/en zu
Apr 2016: Minister Sobotka verspricht 2.000 Neuaufnahmen bis 2020
Sep 2017: Minister Sobotka verspricht Personaloffensive
Feb 2018: Minister Kickl verspricht 2.100 zusätzliche Polizist/inn/en
Feb 2018: LH Stelzer fordert 450 zusätzliche Polizei-Planstellen
…Liste wäre beliebig fortsetzbar…
Realität sieht lt. Innenministeriums-Daten anders aus
Datenbasis: Anfragebeantwortung Innenministerium vom 23.3.2018 (GZ: BMI-LR2200/0008-I/1/c/2018)
- SPÖ hat bei Innenminister Kickl nachgefragt: In OÖ sind bei 3.451 Planstellen tatsächlich nur 3.068 Vollzeitkräfte (-383) im Einsatz.
- Das sind um 44 Vollzeitkräfte weniger in OÖ als noch vor einem Jahr!
- Weniger Polizei als im Vorjahr in den Städten: Minus 13 in Wels, Minus 12 in Linz
Wenn mehr Polizei versprochen wird und tatsächlich weniger Polizei vor Ort ist, dann fühlen sich aktive Polizeikräfte und Bevölkerung gleichermaßen gepflanzt. Immer mehr müssen Sonderdienste übernehmen, weil Dienstposten unbesetzt oder durch Zuteilungen blockiert sind. Und die Bevölkerung ist auch irritiert, dass viele Polizeiinspektionen in der Nacht unbesetzt sind, obwohl wiederholt tausende zusätzliche Polizistinnen und Polizisten angekündigt werden“, stellt SPÖ-Klubvorsitzender Christian Makor klar.
383 Vollzeit-Polizeikräfte fehlen aktuell im Land OÖ
- Personallücke ist seit dem Vorjahr (335) noch größer geworden
- Nur 88,9% der Dienstposten auf Vollzeitbasis besetzt und verfügbar
- Viele Ursachen für Fehlstand: Ausbildung, Dienstzuteilung, Karenz
„Ein unbesetzter Dienstposten ist wie ein Polizist aus Papier. Der hilft uns bei der Arbeit vor Ort nicht weiter. Zwar hat jeder einzelne unbesetzte oder nicht verfügbare Dienstposten einen konkreten Hintergrund – Karenz, Dienstzuteilung oder auch Langzeitkrankenstand. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Kräfte für die Arbeit auf den Polizeiinspektionen fehlen. Die Last der Dienste und Überstunden müssen immer weniger Schultern tragen – weshalb auch viele Kolleginnen und Kollegen an der Belastbarkeitsgrenze angelangt sind“, macht SPÖ-Sicherheitssprecher Hermann Krenn deutlich.
So viel Personal fehlt in den OÖ-Bezirken
- Größter Fehlstand in absoluten Zahlen wieder in Linz-Stadt mit 86,5 Vollzeitkräften
- Anteilig größte Lücke im Bezirk Vöcklabruck, wo jeder fünfte Polizist fehlt (-21%)
- In allen Bezirken klafft Lücke zwischen Planstellen und real verfügbaren Kräften
„Die Realität muss zumutbar sein. Deswegen ist es mir als Polizei-Personalvertreter wichtig, die tatsächliche Situation aufzuzeigen – auf Basis der neuesten Daten des Innenministeriums. Von zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten ist dabei nichts erkennbar, es offenbart sich vielmehr eine empfindliche Lücke. Übers ganze Land gesehen fehlen 11,1 Prozent der Vollzeitkräfte, das ist ziemlich exakt jeder 9. Dienstposten. Es müssen also 8 Polizeikräfte die Arbeit von 9 machen. In manchen Bezirken wie Vöcklabruck, Ried oder Steyr ist die Situation noch angespannter“, analysiert FSG-Polizei-Personalvertreter Norbert Höpoltseder.
BEZIRK | Planstellen | Vollzeitkräfte | Vergleich: fehlende Vollzeitkräfte |
Braunau | 136 | 111,9 | -24,1 |
Freistadt | 90 | 83,8 | -6,2 |
Gmunden | 157 | 141,2 | -15,8 |
Griesk.-Eferd. | 125 | 111,1 | -13,9 |
Kirchdorf | 89 | 79 | -10 |
Linz-Land | 248 | 219,6 | -28,4 |
Perg | 90 | 76,5 | -13,5 |
Ried | 89 | 73 | -16 |
Rohrbach | 90 | 88,8 | -1,2 |
Schärding | 105 | 85,8 | -19,2 |
Steyr-Land | 89 | 77,5 | -11,5 |
Urfahr | 104 | 95,7 | -8,3 |
Vöcklabruck | 230 | 181,6 | -48,4 |
Wels-Land | 100 | 83,6 | -16,4 |
Linz-Stadt | 657 | 570,5 | -86,5 |
Steyr-Stadt | 139 | 112,7 | -26,3 |
Wels-Stadt | 176 | 162 | -14 |
Quelle: Anfragebeantwortung Innenministerium vom 23.3.2018 (GZ: BMI-LR2200/0008-I/1/c/2018)
Warum fehlen hunderte Polizeikräfte im Land OÖ?
- 112 OÖ-Polizistinnen und OÖ-Polizisten sind zu anderen Einheiten dienstzugeteilt
- 87 OÖ-Polizistinnen und OÖ-Polizisten sind in Karenz
- 8 OÖ-Polizistinnen und OÖ-Polizisten sind im Langzeitkrankenstand
„Für nahezu jeden der 383 fehlenden Vollzeitkräfte gibt es eine nachvollziehbare Ursache. So hat das Innenministerium auf unsere Anfrage hin etwa offengelegt, dass mehr als 200 Kolleginnen und Kollegen wegen Dienstzuteilungen, Karenz und Langzeitkrankenständen auf den OÖ-Polizeiinspektionen fehlen. Dazu kommen noch Polizeischülerinnen und Polizeischüler, für deren Versorgung zahlreiche Dienstposten benötigt werden“, zeigt SPÖ-Sicherheitssprecher Krenn auf.
87 karenzierte Polizeikräfte – das entspricht den kompletten Polizeikräften eines oberösterreichischen Bezirks (zB. Ried, Rohrbach oder Perg).
Personallücke auf den regionalen Dienststellen wird immer größer:
Auch die Bilanz gegenüber dem Vorjahr lässt sich plastisch anhand von Polizeiinspektionen darstellen: Die Zahl der Vollzeit-Polizeikräfte ist im Jahresvergleich um 44 geringer geworden. Das ist mehr als die Belegschaft einer großen Polizeidienststelle wie in Leonding oder Traun.
Tatsächlich ist die Lücke in den regionalen Dienststellen aber noch größer, weil im Jahresvergleich auch der Personalstand der übergeordneten Einheiten gestiegen ist. Aufgeschlüsselt laut Innenministeriums-Bilanz bedeutet das: Bei den übergeordneten Einheiten zusätzliche 45 Vollzeitkräfte (vor allem im Bereich der „EGFA“ =Einsatz, Grenz und Fremdenpolizeiliche Abteilung). Die Lücke in den Regionen wächst damit um die obigen 44 und die zusätzlich genannten 45 auf 89 (!) an.
Damit fehlt im Jahresvergleich auf den OÖ-Polizeiinspektionen die Belegschaft aller Polizeiinspektionen eines Bezirks von der Größe von Freistadt oder Steyr-Land.
Folgende Bezirke haben die meisten Vollzeitkräfte im Jahresvergleich eingebüßt:
Stadt Wels -13 Vollzeitkräfte
Stadt Linz -12 Vollzeitkräfte
Bezirk Freistadt -12 Vollzeitkräfte
Bezirk Schärding -15 Vollzeitkräfte
Die SPÖ-fordert daher:
>> Echten Karenzpool mit eigenen Dienstposten zur Unterstützung der Polizeikräfte vor Ort schaffen.
Dienstzugeteilte fehlen „doppelt“ vor Ort: Zu Sondereinheiten melden sich meist junge, besonders motivierte Polizeikräfte. Diese Kräfte könnte man natürlich auch auf den Polizeiinspektionen gut brauchen – durch die Dienstzuteilung verliert eine Polizeiinspektion aber nicht nur die konkrete Arbeitskraft, sondern auch den Dienstposten. Den behält der Dienstzugeteilte, er kann nicht nachbesetzt werden. Das führt zur „doppelten Lücke“ vor Ort. „Es gibt überall viel für die Sicherheit zu tun. Um das Miteinander für beide Seiten – Sondereinheiten und Polizeiinspektionen – zu verbessern, wäre die Nachbesetzung der Dienstzugeteilten auf den Polizeiinspektionen sicher sinnvoll“, argumentiert Krenn.
Die SPÖ-fordert daher:
>> Polizistinnen und Polizisten sollen Chance haben zu Sondereinheiten zu wechseln.
>> Polizeiinspektionen vor Ort müssen dennoch ihr zugesagtes Personal erhalten, um Sicherheitsaufgaben vor Ort (die ja nicht weniger werden) zu erledigen.
Große Herausforderungen warten auf OÖ-Polizei
- Neue Ausbildungseinrichtung in Wels: Für Sommer 2018 zugesagt, auf Ende 2018 verschoben, jetzt für März 2019 angekündigt;
- Neue Landesleitstelle erfordert neues Personal;
- Für zugesagte Ausbildungsoffensive benötigt OÖ auch Ausbildungsplanstellen
„Polizeikräfte haben eine hohe Verantwortung und müssen daher gut ausgebildet sein. Deshalb ist es wichtig, dass am 2-jährigen Turnus nicht gerüttelt wird. Klar ist allerdings auch, dass die jungen Polizistinnen und Polizisten in dieser Zeit von erfahrenen Kollegen ausgebildet werden müssen und noch nicht für den Regeldienst auf den Polizeiinspektionen zur Verfügung stehen. Deshalb benötigen sie für die Ausbildungszeit auch eigene Ausbildungsdienstposten. Mit der ungerechten Praxis, dass für Polizeischülerinnen und Polizeischüler einfach Dienstposten von den Polizeiinspektionen weggenommen wurden, muss Schluss sein“, fordert Sicherheitssprecher Hermann Krenn.
Die SPÖ fordert:
>> Zusätzliche Polizei-Dienstposten für zusätzliche Einrichtungen (auch für Schulungseinrichtung Wels!)
>> Ausbildungsdienstposten für Polizeischülerinnen und Polizeischüler
>> Zugesagtes Personal für Polizeiinspektionen auch echt zur Verfügung stellen
Auch Polizei ist Teil des gesellschaftlichen Wandels
- Thema Beruf und Familie nimmt an Bedeutung zu – auch bei Diensteinteilungen
- Teilzeit und Karenz sind wachsende Herausforderungen
- Damit Polizeiberuf attraktiv bleibt, müssen auch zeitliche Rahmenbedingungen stimmen
„Freunde und Familie von aktiven Polizistinnen und Polizisten wissen, dass 60-Stunden-Wochen keine Einzelfälle sind. Da bleibt kaum Zeit für etwas anderes als die Arbeit. Das ist in einer Zeit, in der Work-Life-Balance groß geschrieben wird, eine echte Herausforderung. Als Personalvertreter ist mir besonders wichtig, dass die beruflichen Rahmenbedingungen passen und niemand zeitlich überfordert wird. Das gelingt besser, wenn die Kolleginnen und Kollegen auch tatsächlich im vorgesehenen Ausmaß auf den Dienststellen vor Ort verfügbar sind. Dann verteilt sich der Arbeitsanfall auf mehr Schultern. Denn auch Polizeikräfte müssen ausreichend Zeit für Freizeit und Familie haben“, fordert FSG-Polizeigewerkschafter Norbert Höpoltseder.