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Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Studie warnt vor Zunahme der „NEETs“

13. Mai 2013

Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Studie warnt vor Zunahme der „NEETs“

EU-Foundation richtet mit aktueller Studie den Fokus auf reale Problemlagen junger Menschen am Arbeitsmarkt

Seit 1975 berät die „EU-Foundation für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen“ die politischen Gremien der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten. In ihrer aktuellen Studie zum Thema „NEETs = Junge Menschen, die weder eine Arbeit ha-ben, noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren“ zeigt sie die vielschichtigen Dimensionen dieses Phänomens auf. In Oberösterreich sind derzeit 7 Prozent oder 11.000 junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren betroffen. Österreichweit sind es zirka 9 Prozent oder 75.000 Betroffene (Daten Mikrozensus, Arbeitskräfteerhebung). Europaweit sind laut EUROSTAT (Datenlage 2011) gar 7,5 Millionen Jugendliche umfasst. Weitere 6,5 Millionen Betroffene sind zwischen 25 und 29 Jahre alt.

Was bedeutet es, NEET zu sein?

NEET zu sein wirkt sich sehr ungünstig auf die Person, die Gesellschaft und die Wirtschaft aus. Zeitweilig zur NEET-Gruppe zu gehören bringt unter Umständen diverse soziale Nachteile mit sich, wie Entfremdung, unsichere und schlechte Beschäftigungsaussichten, Jugendkriminalität sowie geistige und körperliche Gesundheitsprobleme. Das Risiko der politischen und sozialen Entfremdung ist für NEETs höher. Im Vergleich zu Nicht-NEETs sind das politische Interesse, das politische und soziale Engagement sowie das Vertrauen bei den NEETs wesentlich geringer.

Wer sind NEETs wirklich?

NEETs sind eine sehr heterogene Bevölkerungsgruppe. Die größte Untergruppe bilden tatsächlich arbeitlose Menschen. Weitere gefährdete Untergruppen sind beispielsweise Menschen, die krank sind, eine Behinderung haben oder hilfsbedürftige Personen betreuen. Zu den nicht gefährdeten Untergruppen gehören Menschen, die sich lediglich eine Auszeit nehmen oder anderweitig konstruktiv tätig sind, wie im Bereich Kunst, Musik oder selbstgesteuertes Lernen. Für manche jungen Menschen ist das Risiko, der Gruppe der NEETs zugerechnet zu werden, größer als für andere. Solche mit einem niedrigen Bil-dungsniveau fallen mit dreimal so großer Wahrscheinlichkeit in diese Gruppe als solche mit einem Tertiärbildungsabschluss. Für junge Menschen mit Migrationshintergrund ist die Wahrscheinlichkeit um 70 % höher als für Staatsangehörige des jeweiligen Landes. Ebenso liegt die Wahrscheinlichkeit, zur NEET-Gruppe gerechnet zu werden, bei jungen Menschen mit Behinderung oder gesundheitlichen Problemen um 40 % höher als bei gesunden Menschen. Der familiäre Hintergrund spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.

Nicht nur NEETs sind benachteiligt: auch Volkswirtschaften verlieren

Im Jahr 2011 büßte die Wirtschaft durch die Nichtbeteiligung junger Menschen am Ar-beitsmarkt 153 Mrd. EUR ein. Diese konservative Schätzung entspricht 1,2 % des europäischen BIP. Unter den Mitgliedstaaten gibt es große Abweichungen, aber einige Länder zahlen einen besonders hohen Preis in Höhe von 2 % oder mehr ihres BIP: Bulgarien, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Polen, Ungarn und Zypern.

30 Prozent Langzeitarbeitslose unter jungen Menschen ohne Beschäftigung

Eine hohe Arbeitslosenquote führt zwangsläufig zu einer hohen Quote an Langzeitarbeitslosen. Über einen längeren Zeitraum keinen Job zu haben, hat für junge Menschen aber besonders schwerwiegende Auswirkungen. Es ist erwiesen, dass Langzeitarbeitslosigkeit, und die damit verbundene Ausgrenzung vom sozialen Leben, auch für die zukünftige Rolle am Arbeitsmarkt negativ prägt. Europaweit sind 30% der arbeitslosen jungen Menschen dauerhaft ohne Job.

Detailinfo: „wage penalty“ oder „wage scar“ (=Verdienststrafe, bzw. Verdienstnarbe)

Die aktuelle Eurofound-Studie spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „wage penalty“ oder „wage scar“ und meint damit die negative Auswirkungen auf die zukünftige Einkommenssituation – bis hin zur geringeren Pension wird dieser „Strafpunkt“ mitgeschleppt. Eine weitere Studie (The wage scar from male youth unemployment, Paul Gregg, Emma Tominey) geht davon aus, dass Menschen, die von Jugendarbeitslosigkeit betroffen waren, mit einem Alter von 42 Jahren zwischen 13-21% weniger Gehalt bekommen. Bei jungen Menschen, die nur einmal arbeitslos waren, sind die Einbußen mit 9-11% immer noch signifikant. Einen ähnlich nachteiligen Effekt haben auch Frauen, die nach der Karenz wieder in den Beruf einsteigen, zu verzeichnen.

„discouraged workers“ – Jugend ohne Vertrauen in die Zukunft

Junge „discouraged workers“ sind ein weiteres Phänomen der hohen Jugendarbeitslosigkeit. Sie suchen gar nicht mehr nach einer Arbeitsstelle, weil sie so oft abgelehnt wurden oder glauben, dass es sowieso keine Jobs gibt. Die Gründe dafür, dass Menschen den Glauben verlieren noch eine Arbeit zu finden, sind vielfältig. Neben der hohen Arbeitslosenrate, Diskriminierung wegen der Herkunft (70% höhere Wahrscheinlichkeit ein NEET zu werden für MigrantInnen) oder des Geschlechts, sind vor allem ein Mangel an Berufsqualifikationen, Bildung oder Berufserfahrung als Gründe für die „Entmutigung“ der jungen ArbeitnehmerInnen anzuführen. Definiert werden „discouraged workers“ als arbeitsfähige Menschen, die in den letzten 12 Monaten nach Arbeit gesucht haben, derzeit aber nicht mehr suchen, weil sie denken, dass sie keinen Job finden werden.

Zeitweise- oder befristete Beschäftigungsverhältnisse

Jugendarbeitslosigkeit ist nicht das einzige Problem, denn viele Jugendliche die Arbeit haben sind nur befristet angestellt. Es ist zwar durchaus üblich, dass Junge Menschen über einen zeitlich begrenzten Job in den Arbeitsmarkt einsteigen, aber so viele Jugendliche wie derzeit waren noch nie auf einer fixen Arbeitsstelle. Ende 2011 waren in Europa 42% der jungen Menschen in einem befristeten Arbeitsverhältnis.
Diese Arbeitsstellen sind in der Krise die ersten, die abgebaut werden und die Chancen auf eine Übernahme in ein fixes Arbeitsverhältnis  sind in den letzten Jahren ebenfalls gesunken.

Die Studie weist auch auf die Gefahr hin, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis in der Krise eher in eine Arbeitsfalle führt, als zu einer fixen Arbeitsstelle. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass man danach (wenn überhaupt) ein weiteres befristetes Stellenangebot bekommt.

Für junge Menschen hat das Auswirkungen auf ihre berufliche Laufbahn, sie haben keine Sicherheit und Planbarkeit im Leben. Doch nicht nur für die Jugendlichen sind die Auswirkungen drastisch. Für die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Landes ist es wichtig, dass Jugendliche in fördernden und fordernden Arbeitsverhältnissen stehen, die ihre Skills stärken und ihnen eine Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen.

Arbeitsplätze schaffen durch Industrie

In den letzten 20 Jahren sind die Arbeitsplätze in der Industrie deutlich weniger geworden – die Produktion wurde oft in Billiglohnländer ausgelagert. Dadurch gingen in Europa viele qualitative Arbeitsplätze verloren. Gerade in der Krise hat sich aber gezeigt, wie wichtig die Industrie für Europa ist. Gäbe es sie nicht, wäre die Krise weitaus schlimmer ausgefallen.
Auch in Linz ist die Industrie ein wichtiger Motor für die Wirtschaft. Mit attraktiven Rahmen-bedingungen gelingt es der Landeshauptstadt so die starke Industrie – von den Lehrstellen bis hin zu den hochqualifizierten Ausbildungsplätzen – zu sichern und durch Zusammenar-beit mit der Linzer Universität eine Win-Win-Situation herbeizuführen.

Essentiell für die Industrie in Europa ist ihre innovative Kraft, wobei Design und kreative Elemente zunehmend höheren Stellenwert genießen. In der Krise in Design und Kreativwirtschaft zu investieren, fördert vor allem auch die Generation junger Arbeitskräfte. Das zeigt auch der Erfolg des Ars Electronica Centers in Linz und auch die Linzer Kunstuniversität stärkt die Region durch ihre Kreativität in Verbindung mit der Industrie. Wenn junge Menschen und ihre schöpferische Kreativkraft auf ein förderndes Umfeld treffen, stärkt das den Wirtschaftsstandort und schafft attraktive Arbeitsplätze.

Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit

Im Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa, die in Spanien und Portugal schon bei 50 % liegt, hat sich die EU auf eine europäische Jugendgarantie geeinigt. Die Idee dahinter stammt aus Österreich – junge Menschen sollen entweder in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehen. Daneben gilt auch das duale Ausbildungssystem in Österreich als Vorbild für andere Länder.

Die Mittel, die dafür der EU zur Verfügung stehen sind aber leider geringer ausgefallen als erwartet. 6 Milliarden Euro sind derzeit in den Verhandlungen für den nächsten siebenjährigen Finanzrahmen vorgesehen. Bei 7,5 Millionen jugendlicher Arbeitsloser im Alter zwischen 15 -24 Jahren und 6,5 Millionen zwischen 25 und 29 Jahren sind diese Mittel ein Tropfen auf dem heißen Stein – und auch im Vergleich zu den Rettungspaketen für die Banken sind sie auch ausbaufähig.

Auch wenn alle Bildungsschichten von Jugendarbeitslosigkeit betroffen sind, gibt es doch starke Unterschiede. Jugendliche mit geringerem Bildungsniveau sind einem dreimal so hohem Risiko ausgesetzt zu „NEET’s“ zu werden (Not in Employment, Education or Training). Besonders hoch ist die Gefahr aber für Menschen mit Migrationshintergrund, bei denen es 70% wahrscheinlicher ist, in die Falle der Jugendarbeitslosigkeit zu geraten.

Relaunching Europe am Montag, den 27. Mai in Linz

In zwei Wochen stehen Arbeitsplätze für junge Menschen auch im Zentrum einer Veranstaltung in der Linzer Tabakfabrik, dem „Relaunching Europe“. Das Motto der Veranstaltung ist für Linz sehr passend: Ein europäischer Neustart: Jobs durch Industrie, Innovation, Kunst und Kultur.

Relaunching Europe eine Veranstaltungsreihe der Sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament. Die bisherigen Stationen führten quer durch Europa – heute findet eine Ver-anstaltung in Split in Kroatien statt.

In Gesprächen mit ExpertInnen aus Industrie, Kreativwirtschaft und Politik wird nach neuen Rezepten gegen die Arbeitslosigkeit und die Jugendarbeitslosigkeit im Speziellen gesucht. Dabei kommen sowohl europäische ExpertInnen wie nationale und lokale zu Wort. Linz hat im Bereich der Industrie und der Verbindung zur Kreativwirtschaft auch einiges vorzuwei-sen.

Die Tabakfabrik stellt einen perfekten Rahmen für das Thema dar. Sie ist einerseits ein Symbol für die De-Industrialisierung Europas und andererseits wieder für die Lebendigkeit, die unsere Kreativwirtschaft auszeichnet. Zudem stellt die Neupositionierung der Tabakfabrik ein Projekt mit großen Perspektiven dar. Das Eröffnen neuer Perspektiven und deren Realisierung sind auch Kerninhalte des von der Europäischen Sozialdemokratischen Fraktion geforderten Neustarts für Europa.

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